Bonner General-Anzeiger, Montag 1. Dezember 2014
Die Uraufführung eines Oratoriums hat man sicher noch nicht oft in Rheinbach erlebt, und so zog sie zahlreiche Besucher am Samstagabend in die Pallottikirche. Sie waren gespannt auf das weihnachtliche Oratorium, das der Meckenheimer Kantor Martin Kahle nach fast zehnjähriger Arbeit vollendet hatte.
Inspiriert von den Gedichten, die seine Mutter als junge Frau zur Mutterschaft Mariens geschrieben hat, ist das Werk in drei Textebenen aufgeteilt, dem Evangelium nach Lukas, bekannten Weihnachtschorälen und den Gedichten von Ruth Kahle. Stilistisch zielt die Musik zwischen Klassik und populärer Musik, sie möchte nach Aussage Kahles den Zuhörer erreichen und Wohlgefühl verbreiten. Anklänge anTraditionelles, an Spätromantik, Pentatonik und Jazz-Elemente sind unüberhörbar.
Der erste Teil widmet sich der Verkündigung. Mit sphärisch anmutenden Klängen beginnt das Orchester und macht die Ankunft des Engels deutlich. Zurückhaltend setzt der Chor den Eingangschoral an und lässt ihn zu vollem Forte mit festlichen Glockenklang aufblühen. Der Bariton folgt als klassischer Erzähler des Evangeliums. Reizvoll erklingen die Choräle "O komm, du Morgenstern" und "Wie schön leuchtet der Morgenstern" im Zusammenklang mit Sopran und Chor. Mal lyrisch, mal aufwühlend komponiert, gehört die Vertonung des ersten Gedichtes ganz dem Wort. Hier brillierte der Bariton Frederik Schauhoff mit einfühlsamem Ausdruck und sensibler Stimmführung. Mit einem hochdramatischen Schlusschor endet der erste Teil. Einem Aufschrei gleich erklingt der Zorn Gottes, wie erlösend sein Ruf nach Gerechtigkeit.
Wenn sich hier die Solistin Elisabeth Menke mit strahlendem Sopran über den Chor erhebt, erklingt die "Musik zum Wohlfühlen", ohne je ins Kitschige abzugleiten.
Der zweite Teil erzählt von der vergeblichen Herbergssuche, der Geburt und der Anbetung der Hirten. Auch hier stehen mit dem schmerzhaften Weg der hochschwangeren Maria und dem anrührenden Schlaflied für das neu geborene Kind zwei Gedichte im Mittelpunkt. Ergreifend einfühlsam erklang das Zusammenspiel von Solistin, Soloflöte und Orchester. Zu einem kleinen Höhepunkt geriet der Choral "Gelobet seist du, Jesu Christ". Wie erlöst über ein glückliches Ende agierte der Chor mit großem Klang.
Der hervorragend vorbereitete Meckenheimer Kammerchor hatte einen sehr großen Anteil am Gelingen des Abends. Ausgewogen im Klang und mit sauberer Intonation präsentierten sich Sängerinnen und Sänger hochmotiviert und konzentriert bis zum lobpreisenden Schlusschor und erzeugten mit ihren ausdrucksstarken Interpretationen Hochspannung im Publikum. Mit den Mitgliedern des Akademischen Orchesters Bonn stand ihnen ein ausgezeichneter Klangkörper zur Seite. Die Ovationen am Schluss gehörten ganz und gar dem Komponisten. sba
Weihnachtsoratorium von Kahle in St. Marien
Mittwoch, 10. Dezember 2014 Bonner General-Anzeiger
von Guido Krawinkel
Es muss nicht immer Bach sein, jedenfalls wenn es um das Weihnachtsoratorium geht. Das wird alle Jahre wieder in den Wochen vor Weihnachten überall und allerorten rauf- und runtergenudelt, so dass ein wenig Abwechslung durchaus willkommen ist.
Das hatte der Meckenheimer Kantor Martin Kahle mit seinem „Oratorium zur Weihnacht“ in Sinn, das jetzt bei zwei Konzerten in Rheinbach und der Bad Godesberger Kirche St. Marien seine Uraufführung erlebte.
Direkt mit Bach, so schreibt Kahle, wolle er sich jedoch nicht messen lassen, es gehe ihm vielmehr darum, Alternativen zu anderen Werken von Schütz oder Rheinberger zu bieten, die anstelle des Bach´schen Weihnachtsoratorium gerne aufgeführt werden.
Das trifft die Verhältnisse ganz gut, denn Bach spielt immer noch in einer eigenen Liga, und was fehlt ist ein weihnachtliches Werk für die kirchenmusikalische Praxis, das auch von Laienchören zu meistern ist. Und für diese Zielgruppe hat Kahle zweifellos ins Schwarze getroffen.
Sein gut einstündiges Werk ist in einer verständlichen musikalischen Sprache gehalten, die modern eingefärbt ist, aber unterschiedliche Stile mit einbezieht und darüber hinaus eine fundierte kompositorische Handschrift verrät.
Kahle hat seine Hausaufgaben gemacht, und herausgekommen ist ein rundum praxistaugliches Werk, das sehr gut anzuhören ist und durch die Einbeziehung von Gedichten von Kahles Mutter zudem noch eine sehr persönliche Note erhält.
Der Meckenheimer Kammerchor löste seine Aufgabe mit Bravour, ebenso wie das aus Mitgliedern des akademischen Orchesters bestehende Instrumentalensemble. Auch die Solisten gefielen: Frederik Schauhoff, der mit einer zunehmend charaktervollen Stimme überzeugte, und Elisabeth Menke, die über eine in allen sängerischen Belangen sehr ausgereifte Sopranstimme verfügt.
So blieb am Ende ein positives Fazit, musikalisch sowieso, aber auch kompositorisch, denn mit Kahles „Oratorium zur Weihnachtszeit“ ist die spärlich gesäte oratorische Literatur für diese Jahreszeit durchaus bereichert worden.
Blick aktuell – Meckenheim Nr. 25/2017
Eine beeindruckende Uraufführung des Werkes „Da Pacem – Verleih uns Frieden“ aus der Feder von Martin Kahle erlebten die Besucher eines hochklassigen Konzertes in der Rheinbacher Pallottikirche. Mitglieder der Merler Kantorei Meckenheim und der Evangelischen Kantorei Euskirchen trugen gemeinsam mit dem Godesberger Kantatenorchester und den Solisten Barbara Dünne (Sopran), Frederik Schauhoff (Bariton) … drei Chorkantaten zu Liedern von Martin Luther vor, 500 Jahre, nachdem dieser seine 95 Thesen an der Kirchentür in Wittenberg angeschlagen hatte.
Mit Felix Mendelssohn-Bartholdys kleiner Kantate „Verleih uns Frieden“ für Chor und Orchester sowie Johann Sebastian Bachs Choral-Kantate „Aus tiefer Not“ für Soli, Chor und Orchester sangen und spielten sich die Sänger und Instrumentalisten sozusagen warm für den Höhepunkt des Abends. Erstmals wurde nämlich die Kantate „Da Pacem“ für Sopran, Bariton, Chor und Orchester aufgeführt, die Martin Kahle 2016 anlässlich des Luther-Jubiläums komponiert hatte und dabei das Antiphon „Da pacem, Domine, in diebus nostris“ aus dem neunten Jahrhundert als Ausgangspunkt nahm. Das hatte auch Martin Luther 1529 getan, als er die Zeilen „Verleih uns Frieden gnädiglich“ verfasste.
Im ersten Satz der Kantate wechselten sich die Sopranistin Barbara Dünne und der Chor beim Gesang kanonartig ab, das Orchester zog mit seinen Einsätzen die Gedanken in den Himmel, und die lang nachhallenden Glockenklänge am Schluss waren das i-Tüpfelchen auf einem gelungenen Auftakt.
Feine Melodien und hoffnungsvolle Passagen
Der zweite Satz basierte auf dem Gedicht „Ja, wärst du nicht mein Gott“ von einem Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald. Klarinetten und Becken, gezupfte Violinen und Singstimmen verdichteten sich zu einem großartigen Gesamteindruck mit feinen Melodien und inbrünstig-hoffnungsvollen Passagen. Getragen und melodiös trugen Männer- und Frauenstimmen im Duett den dritten Satz „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ vor, hier war jede einzelne Note wohl gesetzt, und jedes Instrument hatte seinen natürlich anmutenden Platz im Satzgefüge.
Insgesamt sogar noch perfekter präsentierte sich der vierte Satz der Kantate nach dem Gedicht „Wir beten für den Frieden“ von Peter Spangenberg. Mit gefühlvoll-elegischen Elementen und hymnischen Momenten hat dieser Part zweifellos das Zeug zu einem echten Klassiker der Kirchenmusik und dürfte auf noch so manchem Kirchentag gesungen werden. Hier ist Martin Kahle, der die Uraufführung auch selbst dirigierte, ein großartiger kirchenmusikalischer Wurf gelungen.
Modern, leichtfüßig und augenzwinkernd
Modern, leichtfüßig und mit augenzwinkerndem Rhythmus präsentierte sich anschließend der fünfte Satz, „O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“, nach einem Gedicht, das 1912 in der Zeitschrift „Souvenir Normand“ erschien. Der sechste Satz, „Dona nobis pacem“, bildete einen perfekten Abschluss für eine ebenso abwechslungsreiche wie anspruchsvolle, warmherzige und glaubensgewisse Kantate, die den Vergleich mit Bach und Mendelssohn-Bartholdy nicht zu scheuen braucht.
„Lyrisches Requiem“ begeistert in der Rheinbacher Pallotti-Kirche
Bonner Generalanzeiger, 24.11.2015
Ein musikalisches Highlight erwartete Besucher des „Lyrischen Requiems“ von Martin Kahle am Samstag in der Rheinbacher Pallotti-Kirche. Bei der Aufführung des Requiems, welches angereichert wurde durch Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Johann Sebastian Bach, wirkten unter der Leitung von Martin Kahle der Meckenheimer Kammerchor, Mitglieder des Akademischen Orchesters Bonn sowie die Solisten Elisabeth Menke (Sopran) und Frederik Schauhoff (Bariton) wie aus einem Guss zusammen.
Kahles Werk vereint geistliche und weltliche Elemente. Texte der Missa pro defunctis, von Hilde Domin, Selma Meerbaum-Eislinger, Hermann Hesse und Hans Sahl sind zu einem Gesamtkunstwerk zusammengefügt worden. Chor, Orchester und Solisten wechseln sich ab und unterstützen sich gegenseitig. Wie bei einem Requiem zu erwarten, herrschen getragene Töne vor. Das Motto „Und leite mich auf ewigem Weg“ klingt ebenso religiös wie Bartholdys Vertonung von Psalm 42 „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Herr, zu dir“.
Es ist jedoch weniger ein Schrei als ein Flehen, was Chor und Orchester hier intonieren.
Hilde Domin reflektiert in ihrem Gedicht „Es kommen keine nach uns“ dagegen auf weltliche Weise Werden und Vergehen: „Nichts, was wir tun, ist eine Saat die nach uns aufgeht. Wir sind ganz für den Tag gemacht.“ Der Chor trägt das Poem in einer Art Sprechgesang fast flüsternd vor. Elisabeth Menke brilliert solistisch nicht nur mit dem „Müden Lied“ von Selma Meerbaum Eislinger, das voller Todessehnsucht ist. Hermann Hesses „Stufen“ wird von Frederik Schauhoff überaus einfühlsam gesungen. Bekannt daraus der Vers: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
Hesse sieht das Leben als Wanderung und steten Neuanfang mit der Conclusio: „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde“.
Das Publikum war von dieser Reise begeistert und applaudierte lange. aed